Skulpturale und andere raumbildende künstlerische Arbeit war im Verlauf des 20. Jahrhunderts vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt. Um das Ausmaß der Veränderung zu veranschaulichen, reicht es daran zu erinnern, dass eines der Schlüsselwerke der Skulpturgeschichte, Auguste Rodins »Die Bürger von Calais«, erst vor 90 Jahren von seinem ursprünglich höheren Sockel geholt wurde, womit ein weiterer Schritt zur Zivilisierung künstlerischen Ausdrucks vollzogen wurde. Andere Erschütterungen traditioneller Kunstbegriffe lassen sich etwa 1917, mit Marcel Duchamps »Fountain«, 1968, mit Lawrence Weiners epochaler Konzeptkunstformulierung »The Work Need Not Be Built«, oder 1982, mit Joseph Beuys´ »7000 Eichen für Kassel«, markieren.
Parallel zu diesen kunsthistorischen Entwicklungen, brachten technologische Veränderungen eine exponentielle Vervielfachung der Möglichkeiten von Bild- und Objektproduktion mit sich, die soeben mit der Verwendung von 3D-Druckern auch im privaten Bereich um die dritte Dimension erweitert werden.
Es ist daher stimmig im Jahr 2015 fünf unterschiedliche KünstlerInnen mit raum- und objektorientierten Arbeiten unter dem schlichten Gemeinschaftstitel »3 D« zu präsentieren, um damit eine Gemeinsamkeit zu betonen, die den ausgestellten Arbeiten von Johann Feilacher, Barbara Höller, Gert Linke, Szilvia Ortlieb und Egon Straszer gerecht wird. Es ist allen gemeinsam, dass sie den erwähnten künstlerischen Herausforderungen durch Ready Mades, Konzeptkunst und Digitalisierung in ihrem Werk aktiv begegnen. Dies gelingt insbesondere durch eine hohe Aufmerksamkeit für Materialien und aktuelle Bearbeitungsmethoden, die dazu führt, dass die KünstlerInnen mit Hölzern, Steinen und keramischen Materialien ebenso souverän umzugehen wissen, wie mit vorgefundenen Industrieprodukten, digitalen Architekturprogrammen oder computergesteuerten Schneidewerkzeugen.
Die zeitgenössische Freiheit in der Wahl der Mittel eröffnet auch den BesucherInnen der Ausstellung die Möglichkeit Verbindungslinien zwischen den einzelnen, räumlich abgegrenzten Präsentationen herzustellen: Etwa Querbeziehungen zwischen einer »Waschmaschinen-Grafik« von Gert Linke und Szilvia Ortliebs Fahrradschläuchen zu sehen, oder zu entdecken, dass sowohl bei Egon Straszer wie auch bei Barbara Höller Geometrien eine Rolle spielen. Johann Feilachers grenz-archaische Holzarbeiten scheinen sich wiederum genau diesen mathematischen Genauigkeiten entziehen zu wollen und setzen auf eine analoge Präsenz, der in der jüngeren Kunstentwicklung – gerade wegen der umfassenden Alltagsdigitalisierung – eine neue Bedeutung zukommt.
Die Ausstellung »3 D« im DOK Niederösterreich zeigt bei aller Verschiedenheit der raumbezogenen Ansätze, dass aktuelle künstlerische Arbeit in jeder Dimension nur dann überzeugt, wenn sie die Herausforderungen des 20. Jahrhunderts aktiv angenommen hat.
Martin Fritz